Folge 36: Verein für Betreuung und Selbstbestimmung Lübeck e.V.

Shownotes

Folge 36: Verein für Betreuung und Selbstbestimmung Lübeck e.V. In dieser Folge stellt eine Mitarbeiter.in des Vereins ihr Angebot vor. „Der Betreuungsverein wurde 1992 von engagierten Lübecker Bürger:innen, Mitarbeiter:innen des Amtsgerichts sowie der Betreuungsbehörde der Hansestadt Lübeck mit dem Ziel gegründet, das Selbstbestimmungsrecht kranker oder behinderter Menschen zu stärken.“ Weitere Informationen finden sich hier: https://btv-hl.de/

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Männliche Person

Na klar ist alles gut bei mir. Sehe ich etwa krank aus?

Männliche Person 2

Mir geht's wirklich gut. Geht es mir wirklich gut?

Weibliche Person

Nee, ich brauche keine Hilfe. Was Was denken die jetzt von mir?

Weibliche Person 2

Ach, du kennst das ja, irgendwas ist immer. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.

Annegret Schmalfeld

Herzlich Willkommen zum Selbsthilfe Podcast von Kiss Lübeck. Mein Name ist Annegret Schmalfeld.

Kirstin Hartung

Hallo, ich bin Kirstin Hartung. Wir haben heute einen wiederum spannenden Gast oder Gästin, wie man möchte. Ja, vielleicht stellst du dich aber gerne selber vor.

Kathleen Heinig

Ja, gerne. Ich bin Frau Heinig, ich komme vom Verein für Betreuung und

Selbstbestimmung in Lübeck. Unseren Verein gibt es seit 1992 und vielen Dank für die Einladung und ich bin gespannt.

Kirstin Hartung

Ja, was ist denn deine Arbeit? Was ist euer Verein und was machst du da? Erzähl doch mal.

Kathleen Heinig

Ja, ich arbeite in dem Verein seit 7 Jahren, ich bin Vereinsbetreuerin. Das bedeutet, dass ich über das Betreuungsgericht in Lübeck bestellt bin für Menschen, die körperlich, geistig oder psychisch erkrankt sind und die eben rechtlich unterstütze in ihren alltäglichen Rechtsgeschäften. Und ich bin auch Querschnittsmitarbeiterin im

Verein. Das heißt, das ist auch, warum ich heute hier sitze. Um eben auch

Öffentlichkeitsarbeit zu machen, da wir beraten zur Vorsorgevollmacht,

Machtbetreuungsverfügung und Patientenverfügung. Und parallel sind wir auch für Ehrenamtsgewinnung zuständig, das heißt, wir sind immer auf der Suche nach ehrenamtlichen rechtlichen Betreuern.

Kirstin Hartung

Haben wir uns eigentlich auch auf der Ehrenamtsmesse gesehen? Überleg ich gerade, da wart ihr doch bestimmt auch ne?

Frau Heinig

Ja, ich war nicht da, aber der Verein war kurz einmal da, ja.

Kirstin Hartung

Also das sind glaub ich Themen, die wirklich auch viele unserer Zuhörenden betreffen und interessieren. Und natürlich suchen auch einige nach nem Ehrenamt. Deine Aufgaben - du hast gesagt, wer zu euch kommt, vielleicht magst du das noch mal ein bisschen konkreter sagen und was dann deine Aufgaben sind.

Kathleen Heinig

Genau, also Menschen, die Beratung für die private Vorsorge haben möchten, die kommen zu uns in die Beratung. Auf unserer Homepage kann man unsere

Telefonnummer ja sehen und zu welchen telefonischen Erreichbarkeiten wir denn da sind, um einen persönlichen Termin zu machen. Und parallel ist es so, wenn Menschen gerne sich für das Ehrenamt interessieren, für eine rechtliche Betreuung, können sie bei uns auch einen Termin machen, das heißt, den Termin mache ich zusammen mit einer Mitarbeiterin der Betreuungsbehörde, wo wir dann einfach gucken: Was sind die

Erwartungen, von de Person, die sich dann bei uns meldet? Und auch, was unsere Erwartungen sind, damit das eben auch zusammenpasst. Das heißt, dort können wir schon immer ein bisschen vorher auch gucken und erzählen. Ich komme aus der Betreuerpraxis, das heißt, da kann ich immer schon ganz viel denen erzählen, was erwartet einen so als rechtlicher Betreuer und die Mitarbeiterin der Betreuungsbehörde kann eben auch dann den behördlichen Teil erzählen. Das heißt, man muss sich registrieren lassen als ehrenamtlicher rechtlicher Betreuer und was eben auch dann die Aufgaben der Betreuungsbehörde für einen ehrenamtlichen rechtlichen Betreuer bedeuten.

Kirstin Hartung

Was heißt das? Rechtliche Betreuung und Betreuungsgericht und so?

Kathleen Heinig

Also der ehrenamtliche rechtliche Betreuer muss ja vom Betreuungsgericht bestellt sein. Das heißt, wir haben ja einen Menschen, der kann seine Rechtsgeschäfte im Alltag nicht mehr wahrnehmen. Das heißt, er kann den Antrag nicht mehr stellen bei der Grundsicherung oder die Zuzahlungsbefreiung oder mit der GEZ einen Antrag stellen.

Gerade was auch Folgeanträge angeht, weil Anträge sind in der Regel auch oft befristet. Die laufen irgendwann aus und wenn man die Leistung wieder haben will, muss man sie beantragen. Das heißt, wenn ein Mensch nicht mehr in der Lage ist, aufgrund eben einer körperlichen, geistigen, psychischen Erkrankung. Hat er die Möglichkeit, wenn er selber keinen bevollmächtigen kann, sprich keine Vorsorgevollmacht machen kann oder eine Betreuungsverfügung dafür, dass er sich an das Betreuungsgericht in Lübeck wenden kann. Das heißt, es gibt dann ein Formular, das nennt sich Betreuungsanregung. Das muss man dann ausfüllen und ein ärztliches Zeugnis beifügen, das heißt, ein Arzt des Vertrauens muss bestätigen: Ja, ich bin körperlich, geistig oder psychisch erkrankt. Und wenn das beim Gericht vorliegt, geht das dann eben auch zum Richter.

Kirstin Hartung

Und dabei helft ihr dann?

Kathleen Heinig

Da können wir auch schon im Verein helfen. Das heißt, das Formular, das haben wir am PC, wir können das dann ausdrucken und das zusammen eben auch ausfüllen mit der Person.

Annegret Schmalfeld

Das hört sich erstmal so an, als ob die Leute, die die Betreuung benötigen oder wünschen, direkt auf euch zukommen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Angehörige mal kommen.

Kathleen Heinig

Wir haben beides, genau. Also Menschen, die selber merken, ich kann das nicht mehr und ich bin vielleicht auch ganz alleine. Das ist ja leider nicht selten, dass immer mehr Menschen alleine leben oder auch die Kinder einfach nicht mehr hier sind, was ja auch typisch ist durch Arbeit oder durch andere Beziehungen man einfach weggezogen ist oder auch was man wir immer wieder in Beratung hören: Man möchte den Kindern nicht zur Last fallen, also es hat sich auch da in den Generationen doch eine ganz andere Entwicklung getan, dass das nicht mehr selbstverständlich ist, dass die Kinder für die Eltern sorgen sollen. Das erleben wir auch immer. So, und das heißt, wenn jemand sich meldet und so reflektiert ist und sagt, Mensch, ich brauche das und ich brauche das auch jetzt. Das bedeutet, man kann nicht einfach es prophylaktisch schonmal beantragen im Falle, wenn ich es mal bräuchte, das funktioniert nicht. Bei uns rufen ja auch Menschen in der Beratung an oder auch mailen. Das habe ich ganz vergessen. Auch diese Form der Kommunikation haben wir, dass Menschen eben auch mal eine EMail schicken. Und sich einfach mal erkundigen wollen und dann beraten wir eben auch dazu, wie eine rechtliche Betreuung eingerichtet werden kann, wenn ein Mensch auch selber dazu einsichtig ist. Man kann nicht im Voraus, was wir auch manchmal haben, dass Menschen sagen: Wenn ich das ja mal bräuchte, könnte ich es ja jetzt schon mal beantragen. Das funktioniert nicht, das heißt, in die Glaskugel gucken und der Richter ordnet mal irgendwie was an, das geht nicht. Das heißt, eine Betreuung kann wirklich erst dann eingerichtet werden, wenn auch im Alltag es Problematiken gibt, dass jemand selber seine Rechtsgeschäfte so nicht mehr ausüben kann. Auch Angehörige, ja, die haben wir auch, dass besorgte Angehörige anrufen und sich dazu auch eben erkundigen, wie läuft das denn mit so einer Vorsorgevollmacht oder mit der rechtlichen Betreuung? Das heißt, dann erklären wir das Verfahren, wie gesagt, schon mit der Betreuungsanregung, dass man das beim Gericht stellen muss mit dem ärztlichen Zeugnis und eben auch, was immer dazu wichtig ist, sich schon mal klar zu sein, was braucht denn der Mensch. Es gibt verschiedene Aufgabenbereiche. Durch 2023 eine große Betreuungsrechtsreform sind die Richter auch alle angeleitet dazu, dass sie bitte auch genauer die Aufgabenbereiche reinschreiben. Ich sag mal aus dem Praktischen, früher war es so: Ich habe die Behördenangelegenheiten, ich habe Vermögenssorge und Gesundheitssorge auf Aufenthaltsbestimmungsrecht heute durch die Selbstbestimmung des Betreuten soll das expliziter auch im

Betreuerausgleich stehen und im Beschluss. Zum Beispiel, man soll für den Vertrag einer neuen Wohnung zuständig sein als Betreuer oder man soll für das Girokonto zuständig sein. Das Unterkonto macht der Betreute dann dadurch vielleicht auch dann selber. Das geht eben auch darum, die Menschen in der Betreuung selbstbestimmter auch eben lassen zu können. Ne, und wir sind ja auch nicht in der Entmündigung, wie es leider ja immer mal wieder auch zu hören ist, sondern wir sollen auch als Betreuer den Betreuten bestärken und auch wieder befähigen.

Kirstin Hartung

Das verhindert ja dann auch sicherlich oft, dass die Menschen zu früh ins Heim müssen, wenn ihr da seid und die unterstützt, die Leute. Oder kann man das so nicht sagen?

Kathleen Heinig

Nee, also meistens sind wir, wenn wir dann eingesetzt sind, das ist ja auch ein

Verfahren, was ja nicht in einer Woche unbedingt getan ist, außer es ist ein Eilverfahren, kommen wir meistens schon in Situationen, wo es brennt. Also klassisch, zu Hause geht es gar nicht mehr, weil die Person ist so dement, die Körperpflege, das Essen ist nicht sichergestellt oder lässt einfach auch keinen Pflegedienst rein. Und es wurde schon alles versucht, dass Nachbarn es versucht haben, aufrecht zu erhalten oder Angehörige, die aber auch vielleicht nicht um die Ecke wohnen. Die einfach auch fertig sind und sagen, ich kann nicht mehr das weiter begleiten und sagen, jetzt muss vor Ort was passieren. Das heißt dann, auch wir als Betreuer sind verpflichtet, immer zu gucken und zu prüfen, einen Menschen so lange wie möglich in seinem Wohnumfeld zu lassen, keine Frage. Aber auch uns sage ich mal, wir haben auch Grenzen, wir haben alle auch in der Pflege, in der ambulanten Pflege gibt es Fachkräftemangel. Wenn ich schon 3, 4 Pflegedienste verschleißt habe, spricht sich das leider auch denn sehr schnell rum, so dass ich dann kaum mehr ne Chance habe, da wirklich was zu etablieren. Und eben die Person muss es auch wollen. Ich kann ja keinen Betreuten zwingen, dass er da morgens um 7 den Pflegedienst reinzulassen hat.

Kirstin Hartung

Na klar. Ja, vielleicht dachte ich jetzt auch mehr an an psychisch kranke Menschen, die ja vielleicht dann auch durch euch mit befähigt werden, wieder mehr und mehr selbst ihr Leben in die Hand zu nehmen, zum Beispiel auch mit Hilfe von Selbsthilfegruppen, wenn es denn irgendwie möglich wäre.

Kathleen Heinig

Das ist sehr schön. Also das würde ich mir auch gerne wünschen, dass die Menschen, die ich, ich kann jetzt nur von mir sprechen, in meinen Betreuungen, das auch annehmen. Man muss dazu sagen, wir haben ja eine sehr große, kunterbunte Mischung an Betreuung: Also psychisch Kranke, wir haben Ältere, die wirklich einfach keinen mehr haben, vielleicht erblindet sind aufgrund einer Makuladegeneration oder durch Diabetes nicht mehr den Stift halten können oder Parkinson. Es gibt ja wirklich so viele Krankheiten, die dazu führen können, dass man selber seine Rechtsgeschäfte so nicht mehr wahrnehmen kann. Und auch da gucken wir immer und versuchen auch unseren Betreuten viel an die Hand zu geben, aber viel kann auch schnell überfordern. Das heißt, man muss es auch ein bisschen steuern, ein bisschen führen und auch manchmal häppchenweise geben. Ein Beispiel, ein Betreuter erfährt auf einmal eine akute chronische Erkrankung. Ist vielleicht noch total jung und muss jetzt mit einer Erkrankung sein Leben lang umgehen, wo er auch schon weiß, die wird nicht besser, wird langfristig ein Pflegefall. Da kann ich dann nicht den bunten Strauß unbedingt zücken und sagen, jetzt gehst du mal zum Arzt XY und dann nimmst du doch mal die Selbsthilfegruppe, dann machst du noch die Ergo und die Physio. Aber sonst? Selbsthilfegruppe finde ich toll, dass sollte auch viel mehr bei uns in der Gesellschaft ankommt, dass eben auch Betroffene mit Betroffenen viel besser sich austauschen können und sich auch bestärken, vor allem, weil ja auch in den Gruppen Menschen sind, die vielleicht schon mehr erlebt haben, weil sie schon länger vielleicht die Erkrankung haben und auch ganz viele wertvolle Tipps geben können.

Annegret Schmalfeld

Also, ich finde, du hast einen sehr verantwortungsvollen Job. Und hast schon gesagt, was für ne Ausbildung du hast oder wie du das meisterst?

Kirstin Hartung

Nee, haben wir doch nicht gefragt.

Kathleen Heinig

Das hab ich noch nicht, nein. Ja, also ursprünglich, ich sage immer so gerne, in meinem ersten Berufsleben war ich Kinder- und Krankenschwester, so wäre es jetzt richtig. Ich

habe 17 Jahre in der Pflege gearbeitet, zuletzt auch in der stellvertretenden Pflegedienstleitung, habe einen Pflegedienst mit aufgebaut. Aber wie es dann manchmal im Leben ist, das Leben kann eben auch unruhig werden. Und wenn man dann zwei Kinder hat, muss man sich manchmal auch entscheiden, dass eben nicht das Geld immer sehr dafür reicht, sondern eben auch gucken muss, wie kann ich das in meinem Alltag wuppen. Und da habe ich dann eben 2018 meinen Job gewechselt, bin zu dem Verein hauptamtlich gegangen. Aber ich habe auch den Verein schon vorher kennengelernt. Ich habe 2012 als ehrenamtliche rechtliche Betreuerin angefangen. Da war ich in der Elternzeit mit meinem zweiten Sohn, hatte gerade frisch meinen Fachwirt in der Tasche und wollte von der Theorie auch gerne in die Praxis. Und so hat sich das entwickelt und 2018 habe ich dort angefangen. Und zuletzt musste ich aber auch, wie es dann so leider auch ist, habe ich noch ein Studium gemacht, um eben auch die höchste Vergütungsstufe erlangen zu können, habe ich eben berufsbegleitend meinen Bachelor als Berufsbetreuerin gemacht.

Kirstin Hartung

Das hört sich auch sehr gut und vielseitig an. Das sind sicher Sachen, die du alle gut gebrauchen kannst in deinem Job.

Kathleen Heinig

Genau, also der Berufsbetreuer ist ja sehr umfassend. Also man muss was

Medizinisches am besten und Gesundheitliches mitbringen. Ich muss

Sozialkompetenzen... Also eigentlich ist es so ein Job, sag ich mal aus mindestens fünf

Berufen. Ich muss eigentlich so ein halber Anwalt sein, ich muss eine

Krankenschwester sein, Sozialarbeiter muss ich sein. Manchmal bin ich auch ein bisschen der Lebensberater. Und manchmal eben auch vom Pädagogischen her ist es eben auch, wir sollen die Menschen befähigen, weil auch das Betreuungsrecht sagt, das große Ziel ist auch, eine Betreuung wieder aufzuheben. Das ist ja kein Dauerschein, sondern eigentlich sind Betreuungen immer befristet und dort sollen die Menschen in der Zeit wieder so weit stabilisiert werden, dass eventuell ein Aufgabenbereich vielleicht auch wieder weggenommen werden kann, weil derjenige das selber kann. Aber das größte Ziel ist eigentlich, die Betreuung auch wieder aufzuheben.

Kirstin Hartung

Und wenn ich das jetzt ehrenamtlich machen will, muss ich das dann auch alles können, was du kannst?

Kathleen Heinig

Das wäre wünschenswert. Das wäre ganz toll, aber das muss nicht sein. Nein, also wenn jemand Interesse hat, eine ehrenamtliche rechtliche Betreuung für einen Menschen zu führen, kann er sich gerne an uns wenden. Wir begleiten das, das heißt: Wir haben ein Schulungskonzept, das nennt sich das Lübecker Konzept, gibt es seit über 15 Jahren. Unser Betreuungsverein war einer der ersten, die das erarbeitet hat und auch weiter gestreut hat in andere Bundesländer, das heißt, wir arbeiten eng mit der Betreuungsbehörde und dem Gericht zusammen. Jeder Ehrenamtliche, der bei uns sagt, ich mach das, kriegt fünf Grundlagenblockseminare, das heißt: Kooperation mit dem Amtsgericht, was will eigentlich so ein Rechtspfleger von mir, wenn ich die Betreuung übernehme, was ist dann so ein Anfangsbericht? Was ist ein Jahresbericht, ein Endbericht und viele ganz andere Fragen. Gesundheitssorge ist auch bei uns ein Grundlagenblockseminar, wo wir auch einen erfahrenen Berufsbetreuer haben, der sehr viel auch der gesundheitlichen Sachen erzählt, sprich wann ist zum Beispiel eine Maßnahme auch beantragungsfähig, also Fixierung, Unterbringung solcher Sachen, das muss dann ja auch vom Gericht genehmigt werden. Das kann nicht der Betreuer einfach mal so entscheiden.

Kirstin Hartung

Genau, da geht ihr ja auch ins Krankenhaus und guckt ne und prüft die Situation und sprecht darüber, so ein Austausch mit dem Arztpersonal.

Kathleen Heinig

Genau, das heißt auch da oder eben alternativ mal das Telefon in die Hand zu nehmen, wenn ich eben selber nicht jetzt gerade ins Krankenhaus kann. Das ist ja auch möglich. Also es gibt schon verschiedene Situationen, Facetten, wie ich mir ein Bild auch machen kann und das Gute ist ja auch, als ehrenamtlicher Betreuer habe ich ganz anders Zeit für diesen Menschen und lerne ihn ja ganz anders auch oftmals intensiver kennen als es eben ein Berufsbetreuer kann oder eben auch die Juristen. Weil auch wir sind leider abhängig von den Vergütungen, die wir bezahlt bekommen und die reichen einfach nicht mehr aus. Die rechtlichen Betreuungen sind über die Jahre viel größer geworden, als es früher war. Leute bringen viel mehr Päckchen mit, nicht mehr klassisch: Ich habe nur Schulden und jetzt hilf mir mal, sondern dazu ist oft eine psychische Erkrankung, vielleicht noch gar keine Diagnostik erfolgt. Viellicht eine Depressionen, Borderline dahinter oder eben der Mensch kommt aus Verhältnissen, wo er es eben auch nie gelernt. Das heißt, auch hier hat der Betreuer einen pädagogischen Auftrag, diesen Menschen auch zu befähigen, mit Geld in Zukunft umzugehen. Wenn ich nur 400€ im Monat habe, kann ich nicht 600 ausgeben.

Annegret Schmalfeld

Das gehört eigentlich woanders hin nh? Das gehört eigentlich ins Elternhaus oder in die Schule, dass Menschen lernen, mit Geld umzugehen, finde ich.

Kathleen Heinig

Das ist richtig. Das hoffen wir auch und das kenne ich auch selber. Aber es ist einfach nicht in der Praxis. Also Menschen, die kommen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, das heißt, oft sind sie vielleicht schon früh sehr selbstständig geworden, weil die Eltern eben nicht mehr in der Lage waren, sie zu versorgen. Das war dann eben auch nicht das Thema, was Finanzen angeht und die Menschen dann leider auch zu gutgläubig waren und auch mit 18, sage ich mal, kann jeder einen Handyvertrag abschließen und wenn der Verkäufer so nett ist und noch was aufhaut und ich habe auf einmal einen Handyvertrag für 80€ unterschrieben und kann ihn mir gar nicht leisten und komme dann vielleicht und die Abbuchung auf dem Konto funktioniert nicht, und da kommen die Mahngebühren, dann kommt Inkasso, dann kann aus so einem 80 Euro Betrag mal schnell 200, 300 Euro werden, wenn man sich dann nicht kümmert, das erleben wir auch in der Praxis. Und was wir auch merken durch Corona, dass viele junge Menschen, die 18 in der Zeit geworden sind, ganz große Schwierigkeiten auch haben, mit dieser Situation klarzukommen, erwachsen zu sein, vielleicht nicht mehr das Elternhaus zu haben, weil sie eben dort auch in schwierigen Situationen aufgewachsen sind und wir auch diese Menschen begleiten und daran arbeiten, die auch wieder ohne eine Betreuung weiter starten lassen zu können.

Kirstin Hartung

Ja, und es gibt ja auch hier einen tollen Flyer von euch in ganz vielen Sprachen. Es sind ja auch einige Menschen sicherlich, die einfach mit dem deutschen Antrags- und Gesundheitssystem Schwierigkeiten haben, die dann zu euch kommen, oder?

Kathleen Heinig

Manchmal kommt es schon vor, dass in der Beratung Menschen sind, die dann Schwierigkeiten haben, die Anträge zu verstehen. Ganz ehrlich, manchmal muss ich mir auch einen Antrag zweimal durchlesen, wenn ich den vielleicht nur einmal im Jahr mache, weil er einfach so umfassend ist und ich auch gerade dann denke, Menschen mit Migrationshintergrund, die dieses System vorher so noch gar nicht kennengelernt haben, ist das einfach sehr sehr schwierig. Alternativ, wenn diese Person eigentlich nur für den Antrag Hilfe braucht, würde keine rechtliche Betreuung unbedingt eingerichtet werden. Das heißt, hier würde auch geguckt werden, wer kann das übernehmen. Also wir haben ja in Lübeck auch die Erwachsenenhilfe, die Beratung für erwachsene Menschen in der Kronsforder Allee im Verwaltungszentrum, an die würden wir erstmal verweisen, weil auch eine rechtliche Betreuung muss ja auch geguckt werden, ob die nicht dauerhaft, für eine bestimmte Zeit ist, wenn es jetzt nur um einmalig einen Antrag zu stellen geht, würde man dafür keine rechtliche Betreuung einrichten.

Kirstin Hartung

Ja, ich hab noch eine Frage wegen der Ehrenamtlichen. Und zwar hattest du gesagt, vorhin im Vorgespräch, ihr habt 112, ehrenamtliche Berater und Beraterinnen.

Kathleen Heinig

Momentan, man muss immer sagen, das sind ja Zahlen, die sich wöchentlich oder auch monatlich ändern. Momentan sind es nur, ich muss leider sagen nur, auch wenn das für andere auch ganz viel klingt, haben wir nur noch 112. Als ich vor 13 Jahren angefangen habe, hatten wir fast 200. Es ist einfach ein Amt mit viel Verantwortung. Man muss es wollen, das kommt auch dazu und man muss sich eben auch den Sachen, es mögen, also mögen, einen Antrag zu stellen, mögen, mal das Telefon in die Hand zu nehmen, eine E-Mail zu schicken und auch mit den Betreuten in Kontakt zu gehen. Also es gehört schon einiges auch dann dazu. Und ich selber führe auch noch drei ehrenamtliche Betreuungen. Ich weiß, dass es manchmal nicht so einfach ist, wenn ich dann noch hauptamtlich arbeite und dann brennt es mal bei den Ehrenamtlichen. Das muss ich auch unter einen Hut kriegen und manche Ämter haben ja auch nur bestimmte Öffnungszeiten, wo sie auch vielleicht dann erreichbar sind, und das müssen wir auch immer wieder im Interessentengespräch mit Ehrenamtlichen besprechen. Trauen die sich das zu, weil jedes Leben ändert sich und das ist auch ein Amt, das sagen wir auch immer, das ist nicht für ein halbes Jahr. Es ist nicht mal ne Hausaufgabenbetreuung, wo ich mal sagen kann, nee, ich möchte das nicht mehr. Hier habe ich es mit nem Menschen zu tun, den ich bitte auch dann einige Jahre begleite. Es entstehen wertvolle Beziehungen, manchmal auch Freundschaften daraus, und das ist einfach netter und schöner für diesen Menschen, dass es auch langfristig angelegt ist. Wenn ein

Ehrenamtlicher erkrankt oder wegzieht aufgrund von beruflichen, familiären Situationen, ist es immer ein anderes Thema, aber wir sagen immer, und da bin ich auch voll dahinter, man muss sich klar sein, welche Verantwortung man da hat, so ein Mensch, der vielleicht in jungen Jahren ab 18 kann ja eine rechtliche Betreuung erst eingerichtet werden, wenn er von da an schon einen rechtlichen Betreuer hat und jetzt alle 2, 3 Jahre einen Wechsel drin hat, ist das nicht schön.

Kirstin Hartung

Stimmt, es gibt aber auch ne Aufwandsentschädigung, das ist ja wirklich eine umfangreiche Tätigkeit.

Kathleen Heinig

Genau, es ist immer vom... Es ist für ein Jahr, das heißt, wenn ich meinen

Anfangsbericht gestellt habe, steht da immer so ein Stichtag drin mit dem Beschluss vom Richter oder der Richterin und von da an gilt das ein Jahr, und das nennt sich dann Jahresbericht. Und in dem Jahresbericht muss ich ganz kurz ein bisschen was einschreiben, das sind alles Formulare, die schon vorgefertigt sind. Kein ehrenamtlicher Betreuer muss sich da jetzt selber Memoiren ausdenken, sondern es sind dann auch schon Fragen dazu, die ich dann kurz ausfülle. Wenn das Jahr vorbei ist mit dem Jahresbericht, kann ich auch meine Aufwandsentschädigung einreichen. Ich kann auch darauf verzichten, da gibt es auch ein Kreuz. Und dann kann ich es einreichen. Momentan sind es 449€ mit einem Inflationsausgleich mit drin von 25€.

Annegret Kleinfeld

Für das ganze Jahr?

Kathleen Heinig

Für den Jahresberichtszeitraum, nennt sich das, heißt immer von dem Stichtag, wann der Beschluss erfolgt ist, wann die Betreuung gilt, von da an ein Jahr.

Annegret Schmalfeld

Ja, du hast uns auch noch vorgestellt, dass ihr ne Beratung macht, zum Beispiel zu Vorsorgevollmachten. Magst du dazu auch noch mal kurz was sagen?

Kathleen Heinig

Danke, gerne. Also wir bieten auch an, die Beratung für die private Vorsorge. Das bedeutet, der Gesetzgeber wünscht, und das ist auch ganz wichtig, dass jeder Bürger auch für sich sorgt. Private Vorsorge heißt, dass ich Regel, wenn ich im Falle meiner Rechtsgeschäfte, die nicht mehr selber kann, wer kann es für mich machen. Um eine rechtliche Betreuung zu vermeiden, das ist ja immer das höchste Mittel, was dann genommen werden müsste. Gibt es die Vorsorgevollmacht? Das heißt, ich muss mindestens einen Menschen bevollmächtigen können, der dann im Falle wenn meine Rechtsgeschäfte übernehmen kann. Wenn das auch nicht möglich ist, habe ich trotzdem noch eine gute Alternative: Eine Betreuungsverfügung. Die

Betreuungsverfügung bedeutet, ich kann dort schon reinschreiben, was ich mir von meinem rechtlichen Betreuer alles wünsche. Soll es ein Mann, soll es eine Frau sein? Geht es vielleicht auch um den kulturellen, religiösen Hintergrund? Und auch wenn finanzielle Sachen mir wichtig sind, sprich ich möchte mein Patenkind jedes Jahr zum Geburtstag 50€, dass es das bekommt, auch das kann ich da alles reinschreiben. Es gibt zwar viele Vorlagen dafür, aber der Gesetzgeber sagt ganz klar, dass es ganz individuell zu gestalten, was ich selber mir wünsche und das kann ich da reinschreiben.

Und der dritte Part ist die Patientenverfügung. Die sollte auch gerne gemacht werden, weil gerade dann, wenn der Bevollmächtigte zwar auch den Gesundheitsbereich vielleicht hat in der Vollmacht, ist es auch für den einfacher, wenn eine

Patientenverfügung vorliegt. Ich nenne mal so ein Beispiel für die Praxis. Wenn ich für mein Kind entscheiden sollte, weil es volljährig ist, die Geräte auszuschalten, das wünscht sich keine Mutter und kein Vater. Deshalb sage ich auch immer dazu, bitte zu der Vollmacht auch eine Patientenverfügung. Dann hab ich’s schwarz auf weiß und ich weiß: Was möchte der Mensch? Ich kann es auch bei den Ärzten dann besser transportieren, weil das auch schwarz auf weiß steht. Und private Vorsorge, immer wieder, ab dem 18. Lebensjahr ist jeder dafür selbst verantwortlich, selber zu entscheiden, mache ich das oder mache ich das nicht.

Kirstin Hartung

Das ist sehr wichtig. Ja, vielen Dank, dass du das auch noch mal so ausgeführt hast.

Annegret Schmalfeld

Ja, dankeschön, jetzt kommen glaube ich mal allmählich zum Schluss. Oder hattest du noch eine Frage?

Kirstin Hartung

Nee, ich glaube, wir haben aber noch gar nicht die Website genannt und die Kontaktdaten oder wolltest du das gerade sagen?

Annegret Schmalfeld Nee, genau.

Kathleen Heinig

Ja, also der Verein für Betreuung und Selbstbestimmung in Lübeck. Man findet uns in der Pleskowstraße 1B. Das ist von der Kronsforder Allee ab. Wir haben eine alte Stadtvilla, da ist auch unser Logo dran. Man kann uns eigentlich ganz gut finden. Telefonnummer ist die 60 91120. Das ist unsere Zentrale. Sollten wir nicht rangehen, ist immer ein Anrufbeantworter geschaltet, man kann dann raufsprechen. Wenn man auf unsere Homepage gehen will: Verein für Betreuung und Selbstbestimmung in Lübeck. Ein Moment, ich muss das leider googeln, einmal nachgucken. Das ist der www.btvhl.de. Wenn man darauf geht, kann man auch einmal unsere Erreichbarkeiten, die telefonischen, nachlesen. Auch da kann ich immer nur sagen, dass wir in den Zeiten eben auch Termine haben. Das heißt, wenn wir nicht ans Telefon gehen, bitte einmal rauf sprechen. Den Namen, worum es kurz geht und eine Telefonnummer, und wir rufen dann auch zeitnah zurück.

Kirstin Hartung

So ist das bei bei uns auch, genau. Dann ist man mal gerade im Beratungstermin und ruft dann einfach zurück.

Kathleen Heinig

Genau

Kirstin Hartung

Ja, das ist doch schön, also wir haben hier jetzt einige Flyer von euch liegen, also auch bei Kiss können Sie, könnt ihr diese bekommen, zumindest aktuell.

Annegret Schmalfeld

Wenn sie noch nicht vergriffen sind.

Kirstin Hartung

Ja, genau, und eben hier auch den fremdsprachigen, das sind viele Sprachen. Und wir geben dir natürlich auch gleich noch was mit, dass wir auch weiterhin verbunden und in Kontakt bleiben. Wir freuen uns sehr, dass du da warst und zur Verfügung standest für diese Aufnahme. Das sind wirklich sehr wichtige Informationen für unsere selbsthilfeinteressierten Menschen da an den Geräten, am Radio oder am Handy oder wo auch immer der Podcast gehört wird.

Annegret Schmalfeld

Ja, ich fand es auch total wichtig und super interessant. Ich glaube, wir machen gleich mal einen Termin und dann kommen wir mal zu dir.

Kathleen Heinig Ja gerne.

Annegret Schmalfeld

Und dann können wir alles regeln.

Kirstin Hartung:

Ja, ja, wir selber für uns. Das war auf jeden Fall total spannend und hilfreich. Vielen dank, Kathleen.

Kathleen Heinig

Danke auch, dass ich hier sein durfte.

Annegret Schmalfeld

Gerne doch, ja, und dann sagen wir noch tschüss, aber ich glaube, wir möchten noch was ankündigen: Das Kiss Café.

Kirstin Hartung

Ja, unbedingt. Wir haben ja im Rahmen der antirassistischen Kulturtage das Kiss Café im März am 28. müsste das sein. Das ist der letzte Freitag im Monat wie immer, diesmal eben im Rahmen der Kulturtage. Glaub die haben noch einen anderen Titel. Auch internationale Wochen gegen Rassismus, ist das nicht beides? Ja, genau richtig, und da laden wir einfach auch noch mal gezielt Menschen mit internationalem Hintergrund ein. Natürlich ist das Café wie immer offen für alle Selbsthilfegruppen, Mitglieder und alle an Selbsthilfe Interessierten. Und das ist jetzt einfach noch mal auch besonders zu dem Thema und im Rahmen dieser Wochen, also wenn Dolmetscher*innen-Bedarf ist, dann würden wir auch jemanden besorgen können, wenn wir rechtzeitig Bescheid wissen. Ja, wir freuen uns einfach darauf, bei Kaffee und Kuchen wie immer mit euch zusammen zu sein, ja.

Annegret Schmalfeld

Genau. Wir würden dann einen Sprachmittler über Sprungtuch KommMit anfordern. Und wir wünschen uns eine Anmeldung fürs Café unter der Telefonnummer 045169339584 oder per Mail an kiss-luebeck@kinderwege.de.

Kirstin Hartung

Joa, dann erstmal Tschüss von uns hier.

Annegret Schmalfeld Tschüss.

Kathleen Heinig Tschüss.

Männlicher Sprecher

Was Selbsthilfe für mich ausmacht? Naja, hier in der Gruppe kann ich zeigen, wie es mir wirklich geht. Hier hört jeder jedem zu und wir haben Verständnis füreinander. Ja, und außerdem gemeinsam geht einfach alles besser.

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